Kolenz im April 2025 - Mit tiefer Trauer müssen wir den Tod unseres Papstes Franziskus zur Kenntnis nehmen. Er war ein Papst der Veränderung, des Aufbruchs, ein Botschafter der barmherzigen Liebe Gottes. Gerade für die armen und am Rande stehenden Menschen hat er sich stets eingesetzt. Der einzelne Mensch mit all seinen Brüchen und Hoffnungen war ihm wichtig.
Das zeigte sich in kleinen und großen Gesten: indem er den obdachlosen Menschen rund um den Petersplatz Zelte und Schlafsäcke zur Verfügung stellte, ihnen die Möglichkeit zum Duschen oder für Friseurbesuche gab. Er achtete die individuelle Würde dieser Menschen.
Auch seine Geste, am Gründonnerstag den Dienst des Fußwaschens ins Zentrum zu stellen, und zwar bei Inhaftierten, war etwas völlig Neues.
Seine spontanen Besuche bei „normalen“ Bewohner:innen Roms oder seine Telefonanrufe, einfach so – das war ungewöhnlich und zeigt, dass er nah dran bleiben wollte an dem, was Menschen bewegt und beschäftigt.
Seine Schreiben wurden viel beachtet, so z.B. „amoris laetitia“, wo er von der Freude der Liebe in familiären Beziehungen und vom zärtlich liebenden Gott sprach. Die poetische Sprache überraschte und war Ausdruck seines tief verwurzelten Glaubens. In „Evangelii gaudium“ verdeutlichte er die Notwendigkeit, als Kirche immer wieder neu aufzubrechen, um den Menschen das Evangelium zu bringen. Doch er benannte auch gesellschaftliche Phänomene, die er in aller Schärfe als schädlich für das Miteinander charakterisierte: „Diese Wirtschaft tötet“ ist sicherlich einer der markantesten Sätze.
Auch hier zeigt sich die stark diakonisch geprägte Ausrichtung seines Pontifikats: sein größtes Anliegen war immer, dass Kirche bei den Menschen sein muss, besonders bei denen in Not. In Evangelii Gaudium (179) beschreibt er „… die absolute Vorrangigkeit des Aus-sich-Herausgehens auf den Mitmenschen zu als eines der beiden Hauptgebote, die jede sittliche Norm begründen, und als deutlichstes Zeichen, anhand dessen man den Weg geistlichen Wachstums als Antwort auf das völlig ungeschuldete Geschenk Gottes überprüfen kann. Aus diesem Grund ist auch der Dienst der Liebe ein konstitutives Element der kirchlichen Sendung und unverzichtbarer Ausdruck ihres eigenen Wesens. Wie die Kirche von Natur aus missionarisch ist, so entspringt aus dieser Natur zwangsläufig die wirkliche Nächstenliebe, das Mitgefühl, das versteht, beisteht und fördert.“
Doch gerade wenn es um die Beteiligung von Frauen an diesem diakonischen Wirken der Kirche ging, irritierte er häufig. Das völlige Negieren des Anliegens der Diakoninnenweihe in „querida amazonia“, sein „Nein“ im CBS-Interview vom Juli 2024, seine Bemerkungen, dass die Frauen „als Frauen viel Gutes tun“ ohne die Weihe, kränkten viele, die sich zu diesem Dienst berufen fühlen und ihn bereits tatkräftig ausüben. Für Frauen hierzulande, aber besonders für diakonische Frauen der Weltkirche wäre es wichtig, den Schutz und die Stärkung des Sakraments zu erhalten und offiziell im Namen der Kirche das zu tun, wozu die Liebe Christi sie seit je drängt.
Andererseits hat er noch in diesem Jahr drei (Ordens-)frauen in Leitungspositionen des Vatikans berufen. Unser Vorstandsmitglied Professor em. Peter Hünermann kommentierte das so: „Nach der Ernennung weiterer Kardinäle zur nächsten Papstwahl hat Papst Franziskus einen wesentlichen Schritt in der Struktur der Kurienkardinäle ausgelöst und hier Frauen gleichberechtigt einbezogen. Damit hat hier – politologisch gesprochen – eine „Verfassungsveränderung“ in der Kirche stattgefunden, ohne dass Franziskus dazu ein Konzil brauchte. Es ist die bisher reifste Frucht der römischen Synode der „Anhörungen“ und stellt ein Modell für die weltweiten Diözesen dar.“
Nach der Weltsynode im Oktober 2024 waren wir erleichtert, dass das Anliegen der Diakoninnenweihe als weiterhin „offen“ bezeichnet wurde (Nr. 60) – immerhin mit mehr als 70% Zustimmung aller Synodal:innen. Das ganze Abschlusspapier inclusive dieses Passus wurden vom Papst ohne Änderungen in Kraft gesetzt. Die Tür bleibt also offen… auch wenn die Geduld so vieler berufener Frauen damit weiterhin arg strapaziert wird. Wer weiß, welche restaurativen Kräfte den Papst in seinen Reformbemühungen wieder und wieder ausgebremst haben.
Bei allem Gegenwind, den er erhielt, und bei aller Verschiedenheit der weltkirchlichen Kontexte scheint dies sein größtes Verdienst: er hat viele Anstöße für Erneuerung gegeben, er hat der Kirche einen anderen Umgang mit Macht und eine neue Richtung des synodalen Miteinanders verordnet, und er hat die ersten Schritte dieses Weges geebnet und begleitet. Und als seine Kräfte schwanden, hat er vielfältig dafür gesorgt, dass es in diesem Sinne weitergeht.
Zum Abschied hat er der Welt noch einmal den umfassenden Ostersegen gespendet. Als ein Segnender wird er in Erinnerung bleiben.
Wir sind bei allem Unvollendeten dankbar für diese Anstöße seines 12jährigen Pontifikats und hoffen, dass der noch zu wählende Nachfolger in dieser Richtung mutig weiter voranschreitet.
Ruhe im ewigen Frieden unseres zärtlich liebenden Gottes, Papst Franziskus.
Dr. Jutta Mader Schömer, Vorsitzende Netzwerk Diakonat der Frau
Noch ein Hinsweis: Hilde Regeniter, Domradio.de, hat anlässlich des Todes von Papst Franziskus ein Interview mit Dr. Jutta Mader-Schömer geführt. Klicken Sie hier zum Lesen und hier zum Anhören..